50 Lenze und letzte Sitzung des Kreistages

Liebe Blogleserinnen und Blogleser,

eine für mich sehr bewegende Woche geht dem Ende zu. Wie gewohnt berichte ich über einige Termine.
Am Montag fand die Einbürgerungsfeierlichkeit für Neubürgerinnen und Neubürger im Historischen Sitzungssaal statt. In dieser besonderen Veranstaltung ging ich auf die Bedeutung unserer Verfassung, unseres Grundgesetzes, ein. Es feiert in diesem Jahr seinen 75. Geburtstag und ist geprägt durch den Wunsch nach Frieden, da die Gründungsmütter und -väter unseres Landes dieses Gesetz nach dem verheerenden Zweiten Weltkrieg auf den Weg brachten. Daher ist es mir immer wichtig, auf die Bedeutung unserer Verfassung hinzuweisen.

Danach standen verwaltungsinterne Termine an.

Am Dienstag feierte ich meinen 50. Geburtstag an der Gegenortschachtanlage Wiebelskirchen. Viele Gratulanten kamen zu meiner Feier, zu der der SPD Kreisverband eingeladen hatte, und verbrachten den Tag mit mir. 50 ist schon eine markante Zahl. Ich bin mitten im Leben angekommen. Kürzlich ist ein lieber Freund von mir gestorben, im Alter von 102 Jahren. So gesehen, hätte ich Halbzeit. Wenn ich eine Bilanz ziehe, fällt sie für mich positiv aus. Ich habe eine tolle Familie, die mich unterstützt. Das ist wahrer Reichtum. Ich hatte in meinem Leben immer Menschen um mich herum, die an mich glaubten und mir den Rücken freihielten, die mich bei dem, was mir wichtig war, unterstützten. Sei es in der Politik, in Vereinen, in der Familie, im Freundeskreis und natürlich im Beruf. Seit 14 Jahren bin ich im Hauptberuf politisch verantwortlich. 6 Jahre in Neunkirchen, seit über 8 Jahren in Ottweiler, mit einer Verlängerung von zehn Jahren. Bei all meinem Handeln konnte und kann ich auf Menschen vertrauen, die mir zur Seite stehen. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Geschäftspartner, hauptamtlich Kommunale und, und, und – nur so konnte ich einiges in der Vergangenheit für die Mitbürgerinnen und Mitbürger bewegen. Auch ein guter Draht zur Landesregierung half mir dabei. Jetzt bin ich 50 – ein Grund, dankbar zu sein. Ich denke an viele Menschen, mit denen ich diesen Tag gerne gefeiert hätte, die aber unsere Welt schon lange verlassen haben.  Daher sollten wir bei allen Herausforderungen immer daran denken, dass wir nur dieses eine Leben haben. Es gibt genügend Gründe, es zu feiern.

Am Mittwochmorgen besprach ich mit dem Leiter der Unteren Katastrophenschutzbehörde Alexander Koch aktuelle Themen und Beschaffungen in diesem Bereich. Am Nachmittag tagte der Kooperationsausschuss unseres Pflegestützpunktes. Dieser wird mit Unterstützung des Landes und der Krankenkassen sowie des Kreises personell besetzt. In den Pflegestützpunkten erhalten pflegebedürftige Menschen und ihre Angehörigen unabhängige Beratung und Hilfe zu allen Fragen rund um das Thema Pflege. Die Beraterinnen und Berater unterstützen z.B. bei Fragen der Finanzierung, beim Ausfüllen von Anträgen oder bei der Suche nach einem geeigneten Heimplatz. Die Beratungsstelle befindet sich in Neunkirchen in der Knappschaftsstraße.

Gestern tagten die Gremien unserer Wasserversorgung. Los ging es mit der Sitzung des Zweckverbandes, dieser Sitzung schlossen sich der Aufsichtsrat und die Gesellschafterversammlung an. Am Nachmittag tagte zum letzten Mal in dieser Legislaturperiode der Kreistag.

56 mal trat dieses Gremium zusammen, persönlich und digital – ein Novum in der Geschichte. Ein Virus, das von 2020 bis 2022 wütete und große Teile des gesellschaftlichen Lebens über Bord warf, zwang uns dazu. So gab es Online-Sitzungen, eine Haushaltssitzung ohne Reden und zeitweise keinerlei Tagungsmöglichkeiten – im Nachhinein eine unglaubliche Zeit. Wir errichteten ein Notkrankenhaus, erstellten Hygienepläne, die Kreisverwaltung arbeitete im Schichtdienst usw. – alles in dieser Legislaturperiode.

Und danach: Wurde aus der Not eine Tugend gemacht und unsere Schulen wurde mit Landes, Bundes- und Kreismitteln digitalisiert. Ich danke dem Kreistag für die Unterstützung unserer Verwaltung, sodass wir heute digital in den Schulen am Puls der Zeit sind.

Corona hätte schon gereicht, dann kam der Katastrophenschutz. Auch hier haben wir Dank der Unterstützung des Kreistages seit 2019 investiert und werden es auch weiter tun – für die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger. Ein weiteres Phänomen, das uns alle beschäftigt und weiter beschäftigen wird ist der gesellschaftliche Wandel:
Fehlende Kitaplätze, Versorgungslücken in der Medizin, Wohnraumverknappung, verändertes Anspruchsdenken der Bürgerinnen und Bürger, aktuelle Sicherheitslage, Veränderung der Parteienlandschaft. Wir haben noch einige Hürden zu nehmen.

Neben einer umfangreichen Tagesordnung und einer Anfrage der Fraktion Bündnis90/Die Grünen zum Hitzeschutzplan und der CDU-Fraktion zum Thema Hochwasserschutz durfte ich langjährige Mitglieder des Kreistages für ihr besonderes Engagement auszeichnen. So gehörte Peter Rammo von der CDU-Fraktion 35 Jahre diesem Gremium an. 30 Jahren war der ehemalige CDU Beigeordnete Hans-Werner Backes im Kreistag. 25 Jahre war der SPD Abgeordnete Karlheinz Müller, der einige Jahre erster Kreisbeigeordneter war, aktiv. 20 Jahre gehörten Edeltrud Baltes und der SPD-Fraktionsvorsitzende Willi Kräuter dem Gremium an. Ihnen verlieh ich die Verdienstmedaille des Landkreises Neunkirchen. Darüber hinaus schieden die Kreisbeigeordnete Kornelia Anspach-Papa sowie die Mitglieder Otto Lauermann, Hans-Joachim Löhrhoff, Achim Dirnberger, Cornelia Kreuter, Peter Groß, Mario Bost, Carsten Thomé, Peter Schneider, Nathalie Schlicher, Heike Scherschel, Sabine Huwig und Andrea Neumann aus ihrem Amt aus.

Ihnen allen danke ich für die gute Zusammenarbeit in den letzten Jahren. Im August wird der neue Kreistag konstituiert.

Heute Morgen fand die interne Landrätekonferenz statt. Am Nachmittag eröffnete ich gemeinsam mit Oberbürgermeister Jörg Aumann eine Ausstellung im Saarpark-Center zu Ehren des 2020 verstorbenen Fotografen Willi Hiegel. Ich zitiere aus meiner Rede:

„Danke dem Stadtarchiv und der Kreisstadt, dass sie diese Ausstellung im Zentrum unserer Stadt, dem Saarpark Center, präsentieren. Über Jahrzehnte bereicherte seine Sicht auf Menschen und Dinge unsere Region und vielleicht auch unser Denken. Er hat Jahrzehnte dafür gesorgt, dass unser Landkreis und insbesondere seine Kreisstadt, zu der er immer eine enge, aber auch kritische Bindung pflegte, gut beleuchtet war.

Ich kannte ihn seit frühester Kindheit. Durch seinen eigenen Stil und seine langen Haare fiel er auf. Jahrzehnte war er kameratechnisch analog unterwegs und entwickelte selbst. Ich erinnere mich daran, dass während des Stadtfestes in der Lutherschule Abzüge seiner Fotos, die nicht mehr gebraucht wurden, für einen guten Zweck verkauft wurden. Später stellte er konsequent auf die Digitalfotografie um. Dies hatte Jahre später für uns Bewunderer seiner Arbeit den großen Vorteil, dass er auch bei Facebook sehr aktiv wurde. Und spätestens dort wurde sichtbar, wie kritisch und konstruktiv zugleich Willi Hiegel war. Durch die Art und Weise, wie er Motive ablichtete, hielt er den politisch Verantwortlichen den Spiegel vor. Eine Grimasse eines Prominenten blieb nicht unentdeckt, illegales Parken und andere Sünden fand im Netz seinen Widerhall. Er schaffte es sogar einen einstigen Oberbürgermeister dazu zu bewegen, sich in eine Mülltonne zu setzen, um ihn dann wie Kasper aus der Kiste abzulichten.

Legendär war es auch, wenn er Gruppenfotos machte. Dann setzte er sich wortgewaltig in Szene und brachte alle dazu, sich zu einem ordentlichen Foto zu gruppieren, Widerstand war zwecklos. Oder die Tatsache, dass er als Fotojournalist oft zahlreiche Termine an einem Abend hatte. Kurzerhand brachte er häufig die Verantwortlichen dazu, vorab Fotos zu machen. Er ließ selten Gnade walten, er konnte sich durchsetzen.

Wenn ich an Willi Hiegel denke, denke ich auch an Gerd Meiser – die Beiden waren beruflich und privat eine einmalige Symbiose. Gerd Meiser skizzierte den Strukturwandel punktgenau und schonungslos mit starken Worten, die großartigen Fotos von Willi Hiegel komplettierten das Ganze.

Ich erinnere mich an die erste Ausstellung im neu gestalteten Bürgerhaus 2015, in der Willi Hiegel eine Wand in der Ausstellung „Neunkirchen 01“ belegte. Hier schaffte er Spektakuläres, beispielsweise mit einem Foto, auf dem zu sehen ist, wie ein Teil des Eisenwerkes gesprengt wird und sozusagen in letzter Sekunde ein Arbeiter wegspringt, um der Explosion zu entkommen. Er beherrschte sein Handwerk, in schwarz-weiß und in Farbe mit einem beneidenswerten Sinn für Ästhetik.

Es war für mich immer ein Privileg, von Willi Hiegel fotografiert zu werden. Bis zu seinem Tod vor vier Jahren hat er das oft getan. Viele der Fotos habe ich archiviert, sie zeigen auch meine Entwicklung als Menschen, als politisch Verantwortlichen. Willi Hiegel war ein sozialkritischer Fotograf, Menschen, die Hilfe brauchten, waren ihm wichtig. Auch hier gibt es beeindruckende Werke von ihm zu sehen. Menschen, am Rande der Gesellschaft – schonungslos und in gewisser Weise dominant, aber immer würdevoll dargestellt – das schaffte Willi Hiegel.

Ich könnte noch vieles sagen, aber lassen wir uns auf seine Fotografien ein. Ich denke gerne an ein Gespräch bei mir zu Hause zurück. Willi Hiegel besuchte mich, um mich zu fotografieren. Es ging damals um ein Buch, das ich veröffentlichte. Und als ich sagte: Ich will mit meinen Texten Menschen berühren, meinte er trocken: Da haben Sie sich jede Menge vorgenommen.

Seine Werke haben uns berührt und berühren uns noch immer. Wir verneigen uns vor einem besonderen Menschen, der unsere Region wie kein anderer dokumentierte. Danke Willi Hiegel!“

 

Danach fand die Eröffnung des Stadtfestes statt.

Wenn dieser Blog erscheint, nehme ich am Festakt zum 160-jährigen Jubiläum des Gymnasiums am Steinwald teil. Auch hier habe ich die Ehre, eine Rede zu halten:

„160 Jahre sind eine beeindruckende Zeitspanne, in der diese Schule nicht nur vielen Generationen von Schülerinnen und Schülern eine hervorragende Bildung vermittelt hat, sondern auch eine bedeutende Rolle im kulturellen und gesellschaftlichen Leben unserer Region gespielt hat. Wir alle erfahren insbesondere in den letzten Jahren, wie schnelllebig unsere Welt geworden ist. Multipliziert man das hoch, sind 160 Jahre umso eindrucksvoller. Doch eines ist in dieser Zeit immer gleichgeblieben: der Anspruch, junge Menschen bestmöglich auf ihren Lebensweg vorzubereiten und ihnen nicht nur Wissen, sondern auch Werte und Fähigkeiten zu vermitteln, die sie zu verantwortungsbewussten und mündigen Bürgern machen.

„Was ist gute Bildung?“ Diese Frage beschäftigt die Menschen schon seit jeher. Dabei geht es zum Einen darum, was der Mensch als Individuum können und wissen muss.

Und zum Zweiten geht es um die Frage, wie die Menschen handeln müssen, um die Herausforderungen der Gegenwart und der Zukunft in der Gesellschaft, aber auch im Staat und in der Wirtschaft bewältigen zu können. Willy Brandt merkte 1992 schon an, dass jede Zeit eigene Antworten will und man auf ihrer Höhe zu sein hat, wenn Gutes bewirkt werden soll. Heute wird ein Mensch für das Leben anderes Rüstzeug brauchen, als noch vor 160, 100 oder 50 Jahren. In diesen 160 Jahren hat sich so einiges verändert. Es bleibt unausweichlich, dass man mit der Zeit gehen muss und sich an die Bedürfnisse der Zeit anpasst.

Der Philologe Werner Jaeger drückte es in den 50er Jahren kompakt aus als die „Bildung des Menschen zum Menschen”. Und hier muss man den historischen Kontext berücksichtigen: Die Zeit des Nationalsozialismus und der zweite Weltkrieg waren in dieser Zeit noch sehr frisch in Erinnerung. Die Bildung des Menschen zum Menschen – das schließt die Persönlichkeitsentwicklung und die Wertebildung jedes Einzelnen genauso ein wie seine Orientierung in der Gemeinschaft – in der heutigen Zeit, in der wir erleben müssen, dass sich Teile unserer Bevölkerung zum Teil ganz bewusst von einer Rechtsstaatlichkeit und einem Miteinander in der Gesellschaft distanzieren, ist dieser Grundsatz, der in unserem Grundgesetz verankert ist, umso wichtiger.

Eine Schule agiert also immer auch als Ort der Aufklärung und der Menschlichkeit, der den Blick über den Tellerrand zu fördern. Mit zahlreichen Zertifikaten, Wettbewerben und Projekten fördert das Gymnasium am Steinwald individuell talentierte und engagierte Schülerinnen und Schüler. Die „Bildung des Menschen zum Menschen” bedeutet also auch, junge Menschen zu befähigen, kritisch zu denken, Verantwortung zu übernehmen und sich aktiv für eine gerechte, vielfältige und bessere Gesellschaft einzusetzen. 

In 160 Jahren hat sich so viel geändert: uns als Schulträger hat in den letzten Jahren besonders die Digitalisierung beschäftigt. Das Steinwald-Gymnasium war eine der ersten Schulen im Landkreis, die vollumfänglich digitalisiert wurde. Digitalisierung zieht sich durch alle Lebensbereiche und ist sicherlich ein weiteres gutes Beispiel für die sich wandelnden Rahmenbedingungen. Für eine zukunftsfähige Schule, die den Jugendlichen ein zeitgemäßes Lernen ermöglicht, ist die Digitalisierung von großer Bedeutung, denn auf dem Arbeitsmarkt wie auch im Alltag sind digitale Kompetenzen inzwischen eine Selbstverständlichkeit.

Und wenn ich schon bei Errungenschaft bin: Mit 160 Jahren ist das Steinwald-Gymnasium so ganz nebenbei älter als bedeutende Erfindungen wie das elektrische Licht, das Telefon, das erste benzinbetriebene Automobil, Fernsehen oder auch der Mikrowellenherd. Stellen Sie sich vor, während die Welt Elektrizität, motorisierte Fahrzeuge und Massenmedien erlebte, bot diese Schule bereits eine Plattform für Bildung und persönliches Wachstum. Dieser Vergleich zeigt eindrucksvoll, wie tief verwurzelt das Gymnasium in der Geschichte ist und wie sie dennoch stets zukunftsorientiert bleibt.“

 

Morgen bin ich Schirmherr bei einem Benefiz-Fußballspiel des Arbeiter-Samariter-Bundes in Ottweiler, der Erlös kommt den Opfern des Hochwassers zugute. Danach besuche ich ein Benefiz-Konzert der katholischen Kirchengemeinde Wiebelskirchen. Am Sonntag bin ich Gast bei einer Veranstaltung des Deutschen Roten Kreuzes, bei der der langjährige Vorsitzende des Ortsvereines Hüttigweiler, Fabio Jochum, geehrt wird.

Liebe Blogleserinnen und Blogleser, es war eine terminreiche und auch emotionale Woche. Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende.

Ihr Landrat Sören Meng